Titel: Aubrine – Erhebe deine Stimme
Autorin: Mia Faber
Verlag: Amrûn Verlag
Seiten: 410
Erschienen: 2018
Kurzbeschreibung
Als Aubrine aufwacht, ist sie desorientiert, ohne Erinnerungen und ihrer Stimme beraubt. Der Ort, an dem sie erwacht, ist eine Strafkolonie auf dem Mond. Gemeinsam mit einem Mithäftling erkundet sie die Station und plant ihre Flucht zurück auf die Erde.
Meine Meinung
Auf der BuchBerlin besuchte ich die Lesung der Autorin Mia Faber. Für den Roman ‚Aubrine – Erhebe deine Stime‘ war ich sofort Feuer und Flamme. Grundsätzlich lese ich sehr gerne Dystopien, wenn auch nicht sehr häufig. Bei diesem Roman handelt es sich um eine Dystopie mit (leichten) Grusel- und Horrorelementen und ganz viel Science-Fiction. Die Gesellschaft, wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr. Es gibt keine Umweltverschmutzung, keine Kriminalität mehr. Doch das, was den Menschen eigentlich ausmacht, ist ebenfalls verschwunden: die Menschlichkeit, die Diversität, die Kultur. Es zählt nur noch eines: Produktivität. Unliebsame Personen werden, ohne, dass die breite Masse der Gesellschaft davon etwas mitbekommt, auf eine Strafkolonie auf dem Mond verfrachtet und ihrer Stimme beraubt. Doch auf dem Mond gehen seltsame Dinge vor sich…
Die Handlung teilt sich auf zwei Schauplätze (Strafkolonie auf dem Mond und dem Isar Komplex auf der Erde) sowie auf verschiedene Figuren auf (vornehmlich Aubrine auf dem Mond und Robert auf der Erde). Die zwei Handlungsstränge verlaufen zunächst getrennt, zeitlich aber mehr oder weniger parallel zueinander. Erst später vereinen sie sich. Die Narration der Ereignisse auf dem Mond erschien mir insgesamt weniger klar strukturiert als jene auf der Erde. Das passt zwar zum desolaten Zustand der Mondstation und den dortigen Lebensumständen, aber irgendwie hat das meinen Lesefluss gestört und mich sehr verwirrt. Ich konnte den zeitlichen Ablauf einfach nicht nachvollziehen. Weiterhin hätte ich mir einen tieferen Einblick in das Leben auf der Mondstation gewünscht, bevor Aubrine auf den Plan getreten ist. Die Informationen, die man durch Alex‘ Schilderungen erhält, sind spärlich und es bleibt alles sehr mysteriös und undurchsichtig. Das hat mir das Einfinden in die Geschichte etwas erschwert. Vor allem gegen Mitte des Buches, als sich die Ereignisse überschlagen, wurde es zunehmen verwirrender. Auch das Ende fand ich recht wirr und verunsichernd. Es hat mich etwas stutzig und mich mit einem Fragezeichen im Kopf zurückgelassen.
Was mich besonders fasziniert hat, war die Entwicklung der einzelnen Figuren. Robert war mir zunächst richtig sympathisch und erregte mein Mitleid. Doch im Verlauf der Handlung wird Robert so unausstehlich. Aubrine erschien mir anfangs konturlos und nichtssagend, während sie später zu einer starken Persönlichkeit wurd. Auch hier hätte ich mir gewünscht, mehr über Aubrines Vergangenheit zu erfahren. Alles was mit ihrer Vergangenheit zusammenhängt (vor allem die zeitlichen Zusammenhänge) hätte die Autorin noch klarer herausstellen sollen.
Begeistern konnte mich die Autorin ebenfalls mit der Maske, mit deren Hilfe die Regierung unliebsamen Personen die Stimme und somit die Fähigkeit zur Rebellion nimmt. Dieses Vorgehen hat mich an die Droge ‚Soma‘ aus ‚Schöne neue Welt‘ von Aldous Huxley erinnert. Diese Droge wird verabreicht, um negative Gefühlsausbrüche zu verhindern und um die Menschen zu beruhigen. Die Droge macht die Menschen und rebellische Gedanken sozusagen mundtot. Ähnliches geschieht auch mit der Maske, nur geht diese noch ein Stück weiter: Der Mensch wird unfähig, Gefühle, egal welcher Art, auszudrücken. Allerdings hatte ich bei Aubrine und Alex das Gefühl, die Maske wäre gar nicht da. Die Verben, mit denen die Autorin die indirekte Rede umschreibt, waren zu ’normal‘. Die Wiedergabe der indirekten Rede erinnerte vermehrt an eine natürliche, ungehinderte Rede, wie sie aber mit Maske nicht möglich sein kann (trotz Alex‘ praktischer Erweiterung).
Worüber ich mich zunächst aufgeregt habe, war die romantische Beziehung, die natürlich unweigerlich vorkommen musste und leider ziemlich vorhersehbar war. Allerdings nimmt diese Beziehung ein sehr krasses Ende, was ihren 0815-Charakter nichtig macht. Das hat mich dann doch wieder sehr überrascht und mich friedlich gestimmt.
Wie bereits erwähnt, vereint der Roman Horror- und Gruselelemente mit Sci-Fi. Es gab ein oder zwei Stellen, die gruselig waren und die einen Schockeffekt auslösten. Aber ansonsten hielt sich der Gruselfaktor in Grenzen. Nichtsdestotrotz war der Roman durchgehend spannend. Insgesamt hat mich die Handlung auf der Mondstation entfernt an den Film ‚Life‘ erinnert. Der Autorin gelingt ein geniales Spiel mit Unschuld und Schuld, in Form einer ganz besonderen Figur. Nichts Neues, aber toll in Szene gesetzt.
Mein Fazit
Insgesamt hat mir ‚Aubrine – Erheben deine Stimme‘, trotz der erwähnten Schwächen, sehr gut gefallen. Es ist ein abwechslungsreicher Roman mit komplexenen Zusammenhängen, interessanten Prämissen und starken Figuren. Nur mit dem Ende bin ich etwas unzufrieden. Absolute Leseempfehlung!