[Rezension] Der Sommerdrache

Titel: Der Sommerdrache
Band: Die ewigen Gezeiten 1
Autor: Todd Lockwood
Original: The Summer Dragon
Übersetzer: Franca Fritz, Heinrich Koop
Verlag: S. Fischer Verlage
Seiten: 656
Erschienen: 2018

 

Kurzbeschreibung
Als Tochter eines Drachzüchters wartet Maia schon ihr ganzes Leben auf einen eigenen Drachen. Nun rückt der Nesttag näher und die Erfüllung ihres Traumes gerät in greifbare Nähe, denn endlich ist sie alt genug. Doch ein Krieg bedroht das Reich und das Militär plant alles Drachenjungen für den Kampf einzuziehen. Verzweifelt versucht Maia ihren Traum doch noch zu erfüllen und begibt sich deshalb auf eine waghalsige Mission. Dabei entdeckt sie, dass der Krieg bereits näher ist als bisher geahnt.

Meine Meinung
‚Der Sommerdrache‘ bietet dem Leser einen spektakulären High-Fantasy-Roman, mit bewundernswerten Figuren und faszinierenden sozialen, kulturellen und politischen Strukturen. Drachen sind in dieser Geschichte nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern ein fester Bestandteil – der Kern der Handlung. Sie sind nicht nur erdacht, sondern richtig ins Leben gerufen und werden auf den Seiten lebendig. Einfach ein wahres Fest der Fantasie.

Die Erzählung teil sich auf zwei verschiedene Figuren auf: Graeden und Maia, beide zwei junge Drachenreiter. Von Graeden bekommt man in diesem Band nicht viel mit. Wobei das was man erfährt, auch für die Handlung sehr wichtig ist. Ich denke, dass er im zweiten Teil eine größere Rolle spielen wird. Dieser erste Teil diente wohl eher dazu, seiner Figur den Weg zu ebnen. In beiden Fällen wird die Handlung aus der ersten Person Singular erzählt. Normalerweise ist diese Erzählperspektive ein großes Ärgernis für mich, aber in diesem Fall hat es mich nicht gestört. Es war ein eher distanziertes, auktoriales Ich-Erzählen. Die Erzählweise war nie mit Empfindungen überladen. Die Handlung bzw. die Ereignisse sind recht überschaubar. Das tut der Geschichte allerdings keinen Abbruch. Der Spannungsbogen bleibt konstant und auf jeder Seite gibt es irgendwas Neues zu entdecken. Ganz allgemein ist der Schreibstil sehr realistisch und nüchtern. Bleibt dabei auf einem hohen Niveau: Die Sprache passt zu der Welt, den Lebensumständen und zu den Figuren. Ich hatte richtiges Kopfkino und habe es genossen. Das Kopfkino wird auch von den prächtigen Illustrationen, wahren Kunstwerken, unterstützt. Ich konnte mich an ihnen gar nicht satt sehen. Ich hoffe inständig, dass niemand je auf die Idee kommt, diese Trilogie zu verfilmen. Denn das kann nur in die Hose gehen. Regisseure, so gut sie auch sein mögen, können dem Roman nicht gerecht werden. Ach ja, und hat sich mal jemand das Cover angeschaut? Und die Landkarten? Ich bin platt!

Das ‚Worldbuilding‘ und alle Beschreibungen sind beeindruckend und sehr detailreich. Kein Aspekt wurde ausgelassen. Wie gern wäre ich durch die Seiten geschlüpft und hätte Gurvaan selbst auf dem Rücken eines Drachen erkundet. Da können sich einige Autoren eine Scheibe abschneiden. Weder die Handlung, noch die Figuren sind klischeebehaftet. Es gibt keine nervigen Liebessubplots oder sonstiges unnötiges Drama. Das Beziehungsgeflecht ist dicht, aber nicht verwirrend. Die Anzahl der Figuren ist genau richtig. Die Kämpfe sind episch, spannend und man kann nicht anders als mitzufiebern. Es wird auch nicht zu viel gekämpft oder gemordet.

Maia, die Hauptfigur, ist stark, mutig und unabhängig. Diese Eigenschaften bewegen sich aber in einem glaubhaften Rahmen. Sie hat Fehler, gibt diese zu, betont sie aber nicht. Sie wird nicht zur Überheldin. Ihre Entschlossenheit zeichnet sie aus und macht sie greifbar. Es schien als würde ihre Entschlossenheit durch die Seiten hindurch auf mich übergehen. Die Skrakk sind monströse Monster. Igitt, aber genial. Sie sind extrem faszinierend, weshalb ich noch mehr über sie lesen und erfahren möchte. Der Autor hat sie genauso glaubhaft und detailreich, mit genau derselben Hingabe gestaltet wie die Drachen. Während die Drachen, wie Malik und Kirr, gerne in meine Welt schlüpfen dürfen, dürfen die Skrakk bitte bleiben wo sie sind. Brr. Bellua war eine weitere Figur, die mich extrem fasziniert hat. Er ist ein sehr interessanter Charakter, weder schwarz noch weiß. Ein Gegenpol zu Maia, deren Konflikt die Handlung vorantreibt.

Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich den Roman so lange auf meiner Wunschliste habe versauern lassen. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Teil, denn es gibt noch viele Fragen, Ideen und Konflikte, aus denen man was machen kann.

Mein Fazit
Mein Respekt geht raus an Todd Lockwood für dieses unglaublich fantasievolle und beeindruckende Debüt. Ich habe schon lange kein so brilliantes Fantasy mehr gelesen. Der Autor hat sich mit ‚Der Sommerdrache‘ zu meinen anderen Fantasy-Helden, wie Cornelia Funke, Cecilia Randall, George R. R. Martin usw., gesellt. Meine Zeit in diese 650 Seiten zu investieren, hat sich gelohnt. Man begibt sich auf eine Reise, die man so schnell nicht mehr vergisst. Absolute Leseempfehlung.

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