Der verkaufte Feminismus – Beate HausbichlerVerlag: Residenz Verlag | Seiten: 224 Erschienen: 2021 |
Kurzbeschreibung: Kapitalismus und Feminismus gehen Hand in Hand
Der Konsumkapitalismus hat den Feminismus schon vor langer Zeit für sich entdeckt und hat ihm ein neues pinkfarbenes Gesicht gegeben. Dieser markttaugliche Feminismus hat aber nichts mehr mit dem ursprünglichen Zweck des Feminismus zu tun und hat dessen Ziele und Forderungen verlagert. Beate Hausbichler zeigt in ihrem Buch, wo überall Feminismus daraufsteht, aber wo in Wahrheit nur konsumgeleitete Selbstoptimierung und -darstellung drinsteckt.
Meine Meinung: Pinke Labels, blaue Labels
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich mir ein Sachbuch über den Feminismus gekauft habe, in dem es um einen Feminismus geht, der vom neoliberalen Kapitalismus gekapert wurde. Man meint zwar, dass sich Feminismus und Kapitalismus nicht miteinander vertragen, aber falsch: Diese beiden Systeme gehen Hand in Hand.
Anhand von Marktriesen wie Procter & Gamble, Dove, Always, Gilette, True Fruits und den dazugehörigen Marketingkampagnen geht die Autorin der Frage nach, wie aus der politischen Strömung des Feminismus ein kapitalistisches Profit-Label mit pinkem Preisschild für Frauen und blauem Preisschild für Männer werden konnte. Die Autorin stellt die Dynamiken und Ziele, die hinter dem Femvertising, dem Feminist-Washing, dem Gender-Marketing, den sogenannten Wokeness-Kampagnen und den Frauennetzwerken stehen. Sie erläutert die Wirkungen und Effekte, die diese Verflechtungen auf den Feminismus und die Konsument*innen haben und welche Probleme sich daraus für die politische Bewegung ergeben.
Sie zeigt auf, wie aus einem radikalen, intersektionalen Feminismus ein populärer Feminismus geworden ist, mit dem sich selbst Karl Lagerfeld zu schmücken meinte. Bei diesen Darstellung ordnet sie sich selbst dem intersektionalen Feminismus zu und ihre Kritik gilt dem (neo)liberalen Feminismus bzw. dem Choice-Feminismus. Sie erklärt auch, wie man diesen Feminismus erkennt und, dass es unerlässlich ist diesen zu hinterfragen.
Auch versäumt sie es nicht, die verschiedenen Verflechtungen mit anderen Aktivismen wie den Antirassismus-Bewegungen aufzuzeigen, wenngleich diese, wie auch der Ableismus und Klassismus eher im Hintergrund stehen. Es hat mich allerdings sehr überrascht, dass die Autorin bei ihren Ausführungen nicht auf das Engagement vieler Unternehmen während der Pride Months eingegangen ist und wie die Unternehmen diesen für ihr Marketing ausnutzen. Dabei ist dessen Betrachtung ein sehr wichtiger Aspekt, wenn man sich mit Kapitalismus und intersektionalem Feminismus auseinandersetzt.
Im Zentrum des Sachbuches steht die Frage, auf welche Art und Weise die Frauenbewegungen und ihre Errungenschaften ausgebeutet werden. Sehr anschaulich zeigt die Autorin dies anhand der Body-Positivity-Kampagnen und dem dazugehörigen Wortschatz in sogenannten „Frauenmagazinen“. Nach der Lektüre habe ich erstmal selbst solche Magazine zur Hand genommen (auf Anfrage kann ich die Namen und Ausgaben der Zeitschriften selbstverständlich nennen) und bin Beate Hausbichlers Behauptungen nachgegangen. So fand ich bspw den Ausdruck „Tagesdosis Selfcare“ zur Vermarktung von Pillen mit Biotin und Selen oder auch die Wendung „Selbstliebe Starterkit“ um eine Vibratoren-Marke zu bewerben. Auch das „Anti-Aging to go“ oder das „Schön im Schlaf“ darf nicht fehlen, denn im Kapitalismus ist Zeit ja bekanntlich Geld.
Einen sehr interessanten Aspekt, den die Autorin anspricht, betrifft den feministischen Aktivismus in den Sozialen Medien. Während ich die Argumente der Autorin dahingehend nachvollziehen kann, dass dieser Aktivismus den Kapitalismus antreibt, denn letztendlich ist bspw Instagram nichts anderes als eine Werbeplattform für Selbstdarstellung und -optimierung, wüsste ich heute ohne diese Plattform nur halb so viel zu antidemokratischen Strukturen, zu Feminismus, zu Antirassismus und vielen weiteren Diskriminierungsformen und dem Kampf gegen diese. Kritisch betrachten sollte man die Sozialen Medient durchaus, aber man sollte diese auf differenzierte Art und Weise tun und sie nicht nur verteufeln. Vielleicht ist der neoliberale Feminismus auch für manche Personen eine niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeit, sich überhaup mit dem Feminismus auseinanderzusetzen – diese Möglichkeit sollte man bei diesen Betrachtungen immer im Hinterkopf behalten.
Am Ende eines jeden Kapitels findet sich ein Quellenverzeichnis, in welchem auch nochmal klar wird, dass die Beobachtungen der Autorin kein absolutes Novum sind, da sie sich auf Publikationen von zB Nancy Fraser, Eva Illouz oder Catherine Rottenberg stützt. Die Zahlen und Statistiken, auf welche die Autorin zurückgreift, beziehen sich auf Deutschland und/oder Österreich, was man bei der Bewertung der Aussagen im Hinterkopf behalten sollte.
Mein Fazit: Einführung in den kapitalismuskritischen Feminismus
„Der verkaufte Feminismus“ ist eine sehr aufschlussreiche Einführung in das Thema des kapitalismuskritischen Feminismus. Im Zentrum der Kritik steht der (neo)liberale Feminsmus. Obwohl mir schon einiges bekannt war, habe ich dennoch viel Neues gelernt und finde es sehr praktisch, die wichtigsten Zusammenhänge zu diesem Thema in einem Buch kompakt versammelt zu finden.
Weitere Meinungen zu “Der verkaufte Feminismus” von Beate Hausbichler
- Rezension von Antje Schrupp