[Rezension] Drachenmahr

Drachenmahr – Robert Corvus

Auf schwarzem Grund ist ein Drachenkopf dargestellt. Der Drachenkopf ist gespickt mit vielen Hörnern und blickt sehr bedrohlich drein. Unter dem Drachenkopf stehen der Name des Autors und der Titel des Buches. In der rechten oberen Ecke befindet sich das Logo des Piper Verlags

Verlag: Piper Verlag | Seiten: 590
Erschienen: 2015

Kurzbeschreibung
Zarria Machon, eine Patrizierin des Hohen Hauses Machon von Koda, wurde gerade erst zum Leutnant der Stadtwache ernannt, als ein hinterlistiger Mord die Stadtbewohner Kodas erschüttert. Zarria wird mit der Aufklärung des Mordes betraut und ihre Ermittlungen bringen viel Unruhe in die Stadt. Die Situation droht ihr aus den Händen zu gleiten als zwischen dem Drachenkult und einem Mönchorden ein Konflikt entbrannt. Zarria muss lernen, sich ihren Ängsten zu stellen und diese zu überwinden, auch wenn das bedeutet, dem DRACHEN die Stirn zu bieten.


Meine Meinung
Ein Fantasy-Roman mit jeder Menge Potential sich in die Reihen meiner Lieblings-Fantasyromane einzufügen. Doch leider, so vielversprechend alles zunächst klang und anfing, desto luftiger waren die Aussichten. Angefangen bei der Grundidee, übergehend zu den Figuren bis hin zum World-Building – alles kam mir etwas blass, kahl und unvollständig vor. Obwohl der Roman alles hat, was er braucht, die Fantasy-Elemente (Geister, Drachen, Draken), die Figuren (vor allem Zarria als starke Frauenfigur) und die Dynamiken, die den Handlungsverlauf vorantreiben, konnte er mich leider nicht vollständig überzeugen und bleibt mir deshalb nur als mittelmäßiger Fantasyroman in Erinnerung.

Besonders gut gefallen, hat mir der Konflikt zwischen dem Drachenkult und den Mönchen, der im Romangeschehen eine wichtige Rolle einnimmt. Unnötig war es, der Religion der Mönche einen Namen zu geben und dann auch noch einen, der so stark an unsere Gesellschaft und Realität gebunden ist, dass es einen sofort aus diesem fantastischen Universum reißt und von Fantasie gar nicht mehr die Rede sein kann. Die beiden Parteien für sich und den Austausch, der sich zwischen ihnen entwickelt, fand ich sehr interessant. Der Drachenkult, die Verehrer des DRACHEN und seiner Nachkommen, den Draken, die ihr Unwesen in Koda treiben und sich an den Menschen laben – das alles ist sehr düster und erzählerisch sehr kraftvoll. Die Draken sind fleischgewordene Albträume. Ihre Beschreibung ist dem Autor sehr gut gelungen. Ein bisschen haben sie mich an die Dementoren aus Harry Potter erinnert. Aber ihr Kontext und ihre Umsetzung sind ein ganz anderer und ein bemerkenswerter noch dazu. Der DRACHEN ist dagegen etwas zu kurz gekommen und im Schatten geblieben. Er konnte vor meinem inneren Auge nicht so wirklich Gestalt annehmen, obwohl er doch eine sehr zentrale Rolle spielt. Das fand ich sehr schade.

Koda ist eine von ihrem Umland isolierte Stadt. Man erfährt so gut wie gar nichts über das Land, benachbarte Städte usw. Die Isoliertheit der Stadt ist ein wichtiges Motiv und einer der Hauptantriebe der Handlung. Daran ist auch nichts auszusetzen. Allerdings existiert nichts in einer Blase allein, sondern immer in Relation zu etwas anderem. Und dass dieses Andere vollständig ignoriert wird, bis es plötzlich auf den letzten paar Seiten auftaucht und als etwas Selbstverständlich hingestellt wird, finde ich nicht sehr überzeugend.

Die Geschichte wird aus Zarrias Perspektive geschildert. Man erhält auf diese Weise Einblicke in ihre Gedanken. Das war nicht immer von Vorteil, denn Zarria stellt sich manchmal nicht nur wirklich blöd an, sondern macht auch ständig Andeutungen und Anspielungen auf zukünftige Ereignisse der Handlung, vor allem auf wichtige Wendepunkte der Erzählung (à la „Noch konnte ich nicht ahnen/wissen, dass…“), dass es, als es dann so weit war, überhaupt keine Überraschung mehr darstellte. Diese Art und Weise der Erzählung nimmt sehr viel Spannung und Tempo raus und stilistisch war es irgendwie nicht die feine Art.

Trotz ihrer Schwächen, gefiel mir an Zarria ihre Starrsinnigkeit und Unabhängigkeit. Auch ihr Widerstreben sich von anderen Machthabern als Puppe für fremde Machenschaften missbrauchen zu lassen und ihr hartgesottener Charakter, machten sie mir direkt sympathisch. Vieles an ihr ist mir dennoch ein Rätsel geblieben (und das trotz Ich-Perspektive und ständigen inneren Monologen).

Über Josefa, Zarrias schlimmste und stärkste Widersacherin, hätte ich gerne viel mehr erfahren. Das was man als Leser/Leserin erfährt, wird am Ende sehr komprimiert dargestellt. Man hatte gar keine Zeit, sie und ihre Beweggründe kennenzulernen, geschweige denn sie zu verstehen und sie als „Bösewicht“ zu akzeptieren.

Die Romantik hielt sich glücklicherweise in Grenzen. Allerdings fand ich sie dennoch etwas unnötig, weil sie nur dazu diente, Zarria an sich und ihren Taten zweifeln zu lassen. Die Liebesbeziehung nahm die Rolle eines schlechten Gewissens ein. Das hätte man mMn auch anders (ganz ohne Romantik) lösen können.

Das Ende hat mich sehr überrascht – nicht weil es besonders gut war, sondern weil es überhaupt nicht zum Rest der Geschichte passte. Es ist sehr konfus und es geschieht alles ganz schnell. Ich hatte das Gefühl, dass auf so wenig Seiten wie möglich, so viel wie nur nötig passieren sollte. Außerdem war das Ende viel zu versöhnlich und hoffnungsvoll für eine so düstere und brutale Geschichte.


Mein Fazit
Man merkt leider, dass es sich bei „Drachenmahr“ um einen ‚dünnen‘ Einteiler handelt. Vor allem das World-Building und der Handlungsverlauf leiden darunter. Und trotz aller Kritik muss ich sagen, dass mich der Roman sehr gut unterhalten und in seinen Bann gezogen hat. Das ist vor allem dem DRACHEN, der Draken und den Geistern geschuldet, die in ihrem Zusammenspiel eine gewisse Sogwirkung entfaltet haben. Und obwohl es mein erster Roman von Robert Corvus war und er mich nicht ganz von sich überzeugen konnte, werde ich in Zukunft dennoch zu weiteren Büchern von Robert Corvus greifen. „Drachenmahr“: eine gute Ablenkung für Zwischendurch.


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