[Rezension] Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln

Titel: Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln | Autor: Christoph Peters
Verlag: Verlagsgruppe Random House, Luchterhand | Seiten: 224
Erschienen: 2016

Kurzbeschreibung
Ernst Liesgang lässt in einem kleinen Dorf an der Ostsee einen traditionellen Anagama-Holzbrandofen errichten. Dazu hat er den japanischen Ofensetzer, Tatsuo Yamashiro, eingeflogen.  Wie nicht anders zu erwarten, läuft beim Bau des Ofens nicht alles glatt und es kommt zu (un)erwarteten und komischen Begegnungen zwischen den beiden fremden Kulturen.


Meine Meinung
Dieser Roman erzählt von einem deutsch-japanischen Austausch der ganz besonderen Art. Es ist interessant, wie der Autor in dieser Geschichte verarbeitet, was wir über die japanische Kultur und Lebensweise wissen bzw. zu wissen glauben. Denn darin besteht ein riesiger Unterschied, der sehr viel Raum für urkomische und brenzlige Situationen lässt: die Anweisungen des Regisseurs, die Situation im Krankenhaus, die Begegnung mit Herta Mölders oder dem Zollbeamten. Die Liste ist lang.

Wenn zwei Kulturen, egal wie ähnlich sie zu sein scheinen, aufeinandertreffen, entstehen immer Spannungen, aber auch herzerwärmende Situationen. Ernst Liesgang lotst den Leser und seine Figuren geschickt durch diesen Slalom- und Hürdenlauf. Er ist eine Mischung aus Japan und Deutschland, er sorgt für das nötige Gleichgewicht und dafür, dass die Ofenbauaktion nicht aus dem Ruder läuft und in einer Katastrophe endet. Besonders gut hat mir gefallen, wie er versucht zwischen den Menschen zu vermitteln, wie er versucht das Gesagte in einer angemessenen Form zu übersetzen. Ich frage mich, wie viel von dem Autor in seinem Protagonisten steckt.

Der Roman schildert die Ereignisse aus zwei zeitlich, unterschiedlich Perspektiven: den tatsächlichen Geschehenissen in Rensen, wo der Ofen gebaut wird, steht die Erzählung der Umstände, wie es überhaupt zu diesem Projekt kommen konnte gegenüber. Die Art und Weise, die Geschichte so gründlich wie möglich zu erzählen, verleiht der Geschichte einen ganz besonderen Charme und Schwung.

Seien wir doch mal ehrlich, es gibt nichts Besseres als Schnitzel, Frikadellen und Kartoffeln… Außer möglicherweise einen Tee aus einer Echizen-Keramiktasse oder einer Teetasse mit Shino-Glasur zu trinken (Hab es gegoogelt – wunderschön! Als leidenschaftliche Schwarzeetee-Trinkerin hätte ich nur zu gerne eine solche Teeschale.)

Der Humor, der dieses Buch und seine Figuren so einzigartig macht, ist erfrischend und einfach nur herrlich. Man sollte es mit dem nötigen Ernst, aber stets mit einem zwinkernden Augen und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen lesen. So war es zumindest bei mir.

Eine Sache fand ich besonders bemerkenswert: der Autor benutzt in der Geschichte noch die alte Rechtschreibung (telephonieren, müßen usw.). Ich weiß nicht, ob es an der Auflage liegt oder ob es absichtlich geschehen ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es als stilistisches Mittel gedacht ist, um z. B. dem Leser ein Gefühl für die Zeit, in der der Großteil der Geschichte spielt (1989), zu geben.

Fazit
Eine federleichte Komödie, urkomisch und amüsant, die einen aus dem drögen Alltagstrott heraushebt. Ein Roman geeignet für jeden Japanfan, aber auch für Leser, die gerne auf kulturelle Entdeckungstour gehen. Wer kulturellen Austausch nicht zu schätzen weiß, der verpasst was (sowohl im realen als auch im literarischen Leben).

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