[Rezension] Loveless

Loveless – Alice Oseman

Um das Buch herum liegt herzförmiges Konfetti in den Farben schwarz-grau-weiß-lila.

Verlag: HarperCollins | Seiten: 320
Erscheinungsjahr: 2020

Kurzbeschreibung

Georgia war noch nie in jemanden verliebt. Sie hat noch nie jemanden geküsst und bei der Vorstellung daran, stehen ihr alle Haare zu Berge. Gleichzeitig ist sie eine hoffnungslose Romantikerin, die fest davon überzeugt ist, dass ihr die richtige Person irgendwann über den Weg laufen wird – am liebsten natürlich während des Studiums an der Durham Universität. Und so setzt Georgia alles daran, die große Liebe zu finden und riskiert dabei sogar ihre Freundschaften. Als sie während ihrer Suche über die Begriffe Aromantik und Asexualität stolpert, scheint das Chaos perfekt…


Meine Meinung

Was für eine erfrischende Teenager-Geschichte! Im Mittelpunkt des Romans steht Georgias (nicht vorhandenes) Liebes- und Sexleben, aber ganz anders als erwartet. Der Roman setzt sich mit der sexuellen bzw. romantischen Orientierung Asexualität und Aromantik auseinander. Beides Orientierungen, die der großen Mehrheit der Bevölkerung unbekannt sind. Und so wird Georgia, während sie diese (auch ihr) unbekannten Gewässer befährt, mit vielen Klischees, Vorurteilen und hasserfüllten Feindseligkeiten (Acephobia) konfrontiert, darunter zB die Frage nach der „Echtheit“ von Asexualität und Aromantik. Auch bezieht die Autorin ganz klar Stellung zum leidigen „Streitpunkt“ der queeren Community, wofür denn das „A“ in der Abkürzung „LGBTQIA+“ steht: für Ally oder für Aromantik bzw. Asexualität. Während man Georgia also bei ihrer Selbstfindung begleitet, lernt man nebenbei auch vieles über Aromantik und Asexualität. Dieser Roman leistet hervorrsagende Arbeit in den Bereichen Repräsentation und Aufklärung.

Da es sich um einen Roman handelt, in dem die Suche nach dem Selbst, nach der eigenen Identität im Mittelpunkt steht, ist es nur logisch, dass der Fokus auf Georgia liegt. Aber obwohl sie die Protagonistin ist, erfährt man nicht sonderlich viel über sie oder über die Dinge, die sie ausmachen. Georgia macht die Suche nach ihre Sexualität zu ihrer Persönlichkeit. Das finde ich sehr schade und kann uU auch schädlich sein.

Häufig erschien mir Georgia wie ein „Gold Star Ace“: die Verkörperung der idealen, unanzweifelbaren, perfekten asexuellen Person. Mit dem Folgenden möchte ich diese Art von asexueller Erfahrung keineswegs kleinreden oder als weniger wert abstempeln. „Gold Star Aces“ zeichnen sich gemeinhin durch bestimmte Merkmale aus, die mMn auch auf Georgia zutreffen. Sie ist gesund, nicht behindert, ohne vorhergehendes Trauma, gesellig, cis, weiß, attraktiv, hat wenig bis keine sexuellen/romantischen Erfahrungen und wenig bis gar kein Interesse daran. Daher war ich froh, dass auch andere Ace und Aro-Stimmen im Roman vertreten sind, die zeigen wie vielfältig die Erfahrungen innerhalb dieser Community sind und dass es nicht nur den einen Weg gibt, sich selbst, seine Sexualität zu finden und diese zu erleben bzw auszuleben. Ich hätte mir sogar gewünscht, dass diese Figuren mehr Platz in der Geschichte bekommen. Aber man kann nicht alles haben.

Dabei wird im Verlauf der handlung klar, dass Georgia ganz und gar nicht perfekt ist: Sie macht Fehler, verletzt ihre Freund*innen, erscheint gelegentlich recht arrogant, überheblich und hält sich auch für etwas Besseres. Dennoch kommt man nicht umhin, sie sympathisch zu finden. Denn letztendlich gehört all das ja zur Selbstfindung als junge Person dazu.

Vielleicht hatte ich aufgrund ihrer „Gold Star“-Aura Probleme, mich mit ihr zu identifizieren – aber evtl auch, weil ich einfach schon älter bin und ganz andere Erfahrungen mit 18 Jahren gemacht habe. Ihre Cousine Ellis, der man leider nur „im Vorbeigehen“ begegnet, hat mir da schon viel eher einen Spiegel vorgehalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich deswegen eeeetwas zu sehr von Georgias überheblichen Charakter genervt war. Ihre Kritik von Ellis Erfahrungen war einfach nicht schön zu lesen.

Neben Georgia lernen wir natürlich noch andere Figuren näher kennen: Pippa (Georgias beste Freundin), Jason (Georgias bester Freund), Sunil (Vorsitzender der LQBTQIA-Society der Universität und Georgias „Mentor“) und Rooney (Georgias Zimmermitbewohnerin). Um ehrlich zu sein, fiel Sunil am meisten aus dem Rahmen. Die Dynamik zwischen Georgia und ihm ist eine ganz andere als die zu ihren anderen drei Freund*innen. Denn Sunil ist ihr in erster Linie nützlich, erst danach kommt die Freundschaft und das merkt man leider.

Nicht nur Georgias Liebes- und Sexleben gerät in diesem Roman gehörig durcheinander. Auch die anderen Figuren sind auf der Suche nach Liebe und/oder Sex. Auch sie müssen sich vergangenen Traumata von zB toxischen Beziehungen stellen und neue Allyschaften gründen. Die Darstellung dieser Dynamiken ist der Autorin auch wirklich sehr gut gelungen: man lacht, man leidet mit und fühlt sich fast als Teil dieser Freund*innengruppe. Eine ganz besondere Rolle spielt die Pflanze Roderick. Sein Pflanzenleben zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und verbildlicht die Hochs und Tiefs der Handlung. Er ist aber auch ein Sinnbild für die Launen der Figuren und ihrer Freundschaften.

Der Plot erinnert sehr stark an den typischen Handlungsverlauf einer Teenie-Komödie (weshalb sich der Roman auch sehr gut als Film eignet). Einiges war also vorhersehbar oder zumindest erwartbar. Zwar wiederholen sich einige Plotpunkte, was die Geschichte ein bisschen langatmig macht, aber der Plot war dennoch gut durchdacht, abwechslungsreich und sehr unterhaltsam.


Mein Fazit

„Loveless“ ist eine sehr süße und mutmachende Geschichte, die ich ganz sicher als Film nochmal anschauen würde. Obwohl der Roman den einen oder anderen Schwachpunkt aufweist, hat er mich doch sehr gut unterhalten. Die Autorin leistet mit ihrem Roman „Loveless“ wichtige Arbeit und trägt zu einem besseren Verständnis und zu einer größeren Akzeptanz von Aromantik und Asexualität bei. Ich finde es toll, dass jungen Menschen heutzutage solche Ressourcen zur Verfügung stehen. Absolute Leseempfehlung!


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