[Rezension] Monster

Monster – Benjamin Maack

Monster_Maack

Verlag: Mairisch Verlag | Seiten: 192
Erschienen: 2012

Kurzbeschreibung
In Kurzgeschichten, Satzstücken, Pseudo-Texten und Fragmenten begegnet man unterschiedlichen Protagonisten, die eines gemeinsam haben: sie alle heißen Benjamin. Sie befinden sich in Situationen, die alles andere als alltäglich sind. Der eine sucht im Harz nach der Liebe und der andere redet sich ein (oder aus) ein guter Erwachsener zu sein. Andere wiederum sinnieren über das Leben oder werfen eine Banane nach einem Krokodil. Und manch einer hat auch einfach nichts zu sagen oder traut es sich nicht.


Meine Meinung
Als ich das Buch zur Hand nahm, wusste ich ehrlich nicht, was mich erwartete. Die Inhaltsangabe ist einerseits sehr klar: Man begegnet diesen unterschiedlichen Protagonisten, die sich denselben Vornamen teilen. Andererseits war dennoch einiges unklar und undurchsichtig: Sind sie auch ein und derselbe Mensch? Was genau hat das zu bedeuten? Welche Bewandtnis hat es damit? Man muss sich auf dieses Buch einlassen, denn es empfängt einen nicht mit offenen Armen, sondern es verkrümelt sich in eine dunkle Ecke und lauert dort. Bis es einen anspringt, einen immer wieder hinterrücks überfällt und seine ganze Wucht und seinen Wert entfaltet. Die unterschiedlichen Geschichten und Bruchstücke haben unterschiedliche, auch kontrastierende Empfindungen in mir hervorgerufen.
Beim Erzählen geht der Autor sprachlich sehr versiert und anspruchsvoll ans Werk: Mal schreibt er zärtlich-sanft, mal provokant oder düster, auch poetisch und voller Verzweiflung, dann wiederum mit einer Leichtigkeit, die einem angesichts der Ereignisse das Herz eng und schwer macht. Erzählerisch ist er einfach unglaublich stark. Die Aussage im Klappentext „Spannend, provokant“ kann ich durchaus unterschreiben. „manchmal ungeheuer witzig“ nur bedingt. „Ungeheuerlich“ ja, aber „witzig“? So richtig zum Lachen war mir bei keiner der Geschichten. Aber ich kann sagen, dass sie auf jeden Fall mit sehr viel geistigem Witz verfasst worden sind. Bei mir riefen sie eher ein erstauntes oder ein überrumpeltes „Ha“ und kurzes Zucken der Mundwinkel als ein „Haha“ hervor.

Das Buch bietet sehr viel Inhalt auf wenigen Seiten und entfaltet dabei eine unglaubliche, unterschwellige Wucht. Bei jeder Geschichte war ich anfangs verwirrt, wunderte mich über den skurrilen Benjamin und die abstrusen Situationen, in denen er sich befand und es fiel mir schwer einzuschätzen, was mich genau erwarten würde. Und gegen Ende fühlte ich mich dann plötzlich überrollt und alles ergab einen Sinn oder kam dem nahe.

Die Situationen, welche die Benjamine durchleben, sind sich ebenfalls sehr ähnlich. Sie sind alles andere als alltäglich: Es sind einfach Dinge, die geschehen; Geschehnisse, über die der jeweilige Benjamin keine Kontrolle hat; denen er gegenüber ausgeliefert ist. In denen er Fehler macht, er impulsiv handelt, ohne nachzudenken. Die Protagonisten tragen eine gewisse Dunkelheit mit sich herum, die ihre Menschlichkeit verzerrt und sie auf dem ersten Blick als Monster erscheinen lässt. Die Geschichten zeigen einfach, wie grausam das Leben einem mitspielen kann und auch wie wir uns dagegen zur Wehr setzen oder eben daran verzweifeln, weil wir es eben nicht schaffen die Kontrolle zu behalten. Und ich finde, das macht die Benjamine sehr menschlich und weniger monströs.


Mein Fazit
„Monster“ ist kein „Wohlfühl-Buch“. Es enthält anspruchsvolle, komplexe und vielschichtige Geschichten, Fragmente, Bilder und Satzstücke, die sich mit einer sehr düsteren und ebenso umfassenden wie vertrackten Facette des menschlichen Daseins befassen. Lesenswert, aber nichts für Zwischendurch. Man muss sich für diese Abgründe Zeit nehmen, um sich nicht in ihnen zu verlieren. Die Geschichten und Fragmente erzählen alle von einem anderen Benjamin. Oder vielleicht auch nicht? Und steckt in unserem Gefühlsinneren nicht vielleicht auch ein bisschen was von diesen Benjaminen? Darüber lohnt es sich nachzudenken.


Mein Lieblingszitat
„Weißt du, es gibt Geschichten, die muss sich das Leben ausdenken. Da gibt es keinen Spannungsbogen und keine Moral. Es gibt einfach diese Geschichten, die kann man sich nicht ausdenken. Das muss das Leben übernehmen. Macht es ja auch.“

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