[Rezension] Palast aus Glas

Palast aus Glas – Cornelia Funke

PalastausGlas_Cover

Verlag: Dressler Verlag | Seiten: 208
Original: The Glass of Lead and Gold | Übersetzer: André Mumont
Erschienen: 2019

Kurzbeschreibung
„Palast aus Glas“ ist eine wunderschöne Kurzgeschichtensammlung zur Spiegelwelt. Man trifft viele Bekannte wieder, allen voran natürlich Jacob Reckless und Fuchs. Auch die Goyle, Chanude und die Dunkle Fee sind dabei. Aber man trifft auch auf neue Figuren: Tabetha, Ofelia, eine Kinderfresserin und Julius Brahms, einen ganz besonderen Bauer von Flaschenschiffen. Man bereist die Welt hinter und vor dem Spiegel, begibt sich auf Schatzjagd, auf die Suche nach dem Kamm der Kinderfresserin, dem Glas, das Blei und Gold beschert, der Geige des Strömkarlen. Aber man erlebt auch heftige Emotionen: Liebe, Leidenschaft, Sehnsucht und Angst.


Meine Meinung
Alle acht Erzählungen zeichnen sich durch einen besonderen, romantischen Charakter aus. Damit meine ich nicht, dass sie kitschig sind und die Welt rosarot färben – ganz im Gegenteil. Sie sind voll tiefer düsterer Sehnsucht und Liebe; aber auch das Schaurige, das Unheimliche, das Bedrohliche findet seinen Platz. Die Geschichten sind hell, dunkel, aber auch irgendwas dazwischen. Sie sind verwunschen und märchenhaft, bedrohlich und heimelig.

Die Geschichten verraten nichts über die Geschehnisse der anderen drei Reckless-Bücher. Sie enthalten zwar ein paar Andeutungen, aber man kann die Kurzgeschichtensammlung lesen und genießen, ohne Angst vor Spoilern haben zu müssen. Um aber ein Gefühl für die Orte, die Stimmung und die Figuren zu bekommen und sich fallen lassen zu können, sollte man mindestens den ersten Teil der Reckless-Reihe kennen.

Besonders gut gefallen hat mir die Geschichte „Ein Gesicht aus Feuer“. Die dort geschilderten Emotionen erlebt man als Leser auf eine unglaublich intensive, lebendige und aufregende Art und Weise. Ich konnte das Knistern förmlich spüren und hören. Ähnlich erging es mir mit „Palast aus Glas“ – die Erzählung zeigt wie kurzsichtig, egoistisch und zerstörerisch Liebe sein kann. Und in „Weihnachtszauber in Hammaburg“ habe ich mich noch ein wenig mehr in Jacob Reckless verliebt.

Mit jeder Geschichte zeigt Cornelia Funke mehr und mehr von der Spiegelwelt; wie bei einer Zwiebel. Lage um Lage wird die Welt immer lebendiger und magischer. Und mit den Zeichnungen stellt die Autorin ihr zeichnerisches Talent abermals zur Schau. In Worten und Bildern beweist sie ihr Können, ihre Kreativität und ihren Erfindungsreichtum. Es ist fast nicht zu glauben, dass die Spiegelwelt „nur“ hinter Buchdeckeln versteckt existiert. Sie ist so groß und lebendig, so ausgefeilt und detailliert, dass man tatsächlich das Gefühl bekommt, jederzeit dorthin gelangen zu können. Das liegt zum Großteil auch einfach dem Schreibstil der Autorin. Dieser ist einfach unverkennbar: bild- und wortgewaltig. Man braucht die Zeichnungen gar nicht; die Bilder im Kopf sind vollkommen ausreichend. Aber dennoch laden die Abbildungen zum Träumen ein.


Mein Fazit
Bücher von Cornelia Funke zu lesen, fühlt sich für mich immer wieder wie nach Hause kommen an. Alle acht Geschichten aus „Palast aus Glas“ haben mir mehr als nur „gut“ gefallen. Daher kann ich guten Gewissens eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Die Kurzgeschichtensammlung ist ein kleiner Leckerbissen, der die Durststrecke bis zum Erscheinen des 4. Bandes ein bisschen erleichtert.

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