[Rezension] The Village

Titel: The Village | Autor: Nikita Lalwani
Verlag: Penguin Random House | Erschienen: 2012

Kurzbeschreibung
Für einen BBC-Dokumentarfilm reisen Ray Bhullar und ihre Kollegen Serena und Nathan in ein kleines indisches Dorf. Doch das Dorf ist mehr als es zu sein scheint: Es ist ein offenes Gefägnis. In diesem Dorf leben und arbeiten verurteilte Mörder gemeinsam mit ihren Familien. Während die Film-Crew den Alltag der Dorfbewohner filmt, beginnen sie, die Bewohner zu manipulieren und sich mehr und mehr in ihr Privatleben einzumischen.

Meine Meinung
Der Grund, weshalb ich beim Bookswapping zu diesem Buch griff, war die Ausgangsidee. Eine europäische Filmcrew reist in ein indisches Gefägnisdorf, um dort das ‚echte Indien‘ zu filmen – zu ihren Konditionen, die nichts mehr mit echt oder real zu tun haben. Es erinnerte mich an eine Art Sozialexperiment, das eigentlich nur in die Hose gehen kann. Ein Pulverfass mit explosivem Potenzial. Doch anstatt zu explodieren, verpufft das Potenzial langsam aber sicher.

Besonders die Umsetzung der Idee hat mir überhaupt nicht zugesagt. Da sind an erster Stelle die Figuren. Weder die Filmcrew noch die Dorfbewohner waren für mich ausreichend ausgearbeitet. Die Schicksale werden nur sehr oberflächlich dargestellt. Es ist der Autorin einfach nicht gelungen, die Einzelschicksale als solche darzustellen. Das Dorf wie auch seine Bewohner wirken zu generisch und zu uniform. Und dann die Filmcrew: Ray, Serena und Nathan sind sowohl einzeln als auch während gemeinsamer Interaktionen einfach nur unausstehlich und nervig. Ray will es allen recht machen und scheitert daran auf grandiose Art und Weise; Serena ist die größte und gewissenslose B**** auf Erden und Nathan ein unglaublicher Macho. Ich glaube, mir wird schlecht. Ray eckt an, weil sie überall reinpassen will. Aber sie kann nicht gleichzeitig zur englischen Filmcrew gehören und zum indischen Dorf. Diese Spaltung, die sich aufgrund ihrer indischen Wurzeln ergibt, sorgt für viele Konfliktherde, die sich aber nie richtig entzünden. Jedes Mal wenn Ray mit ihrem Verhalten konfrontiert wird, bleibt sie stumm oder haut ab. Ihr Verhalten am Ende hat mich auch nicht wirklich überrascht.

Im Fließtext kommen sehr viele indische Begriffe vor. An sich überhaupt nicht schlimm, nur leider werden diese ohne Erklärungen eingestreut. Oftmals ergab sich die Bedeutung auch nicht aus dem Kontext und das ständige Googeln hat den Lesefluss ganz schön gestört. Ein Glossar oder Fußnoten wären ganz nett gewesen.

Das Erzähltempo ist gemächlich und nimmt nicht so wirklich an Fahrt auf. Viele Dinge, wie Beschreibungen, Verhaltensweisen etc. werden wiederholt dargestellt, was für ein paar Längen gesorgt hat. Länger hätte die Geschichte unter diesen Umständen nicht sein dürfen. Ich wurde gewarnt, dass die Geschichte recht düster sei. Dem kann ich nicht so ganz zustimmen. Die Thematik an sich verbittet sich fast jegliches positives Gefühl – schattenreich würde ich es nennen, aber düster?

Die Kamera als Motiv ist allgegenwärtig und sehr geschickt eingebaut. Die Kamera dient als Filter, ist ein Symbol unserer beschränkten Wahrnehmung, unseres Wunsches das ‚echte Indien‘ einfangen zu wollen. Die Kamera symbolisiert Falschheit, Unehrlichkeit, Manipulation und Selektion. Die Kameraführung steht unter dem Einfluss von Überheblichkeit, die aus dem Kontrast zwischen dem freien und ‚unschuldigem‘ Kamerateam und dem eingegrenzten und schuldigen Dorfbewohnern ergibt. Diesen Konflikt und der daraus resultierenden moralischen Verantwortung hätte die Autorin noch stärker betonen müssen.

Mein Fazit
The Village ist schattenreich und unangenehm. Der Klappentext hat meine Begeisterung und hohe Erwartungen an das Buch geweckt, welche das Buch nicht einhalten konnte. Es klang alles so vielversprechend. Die anfängliche Begeisterung ist schnell abgeflaut. The Village ist eine interessante, wenngleich etwas zu oberflächliche Lektüre, die aber trotzdem einen gewissen Reiz hat.

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